Gemeinsames Projekt von Stadtbibliothek, Volkshochschule und Studiobühne Bayreuth
Die Stadtbibliothek Bayreuth zeigt in Kooperation mit der Volkshochschule und der Studiobühne ab Dienstag, 3. Mai, in der Galerie des RW21 (1. OG) eine Ausstellung zu der vom NS-Regime am 10. Mai 1933 inszenierten Bücherverbrennung in Berlin, der weitere Bücherverbrennungen gleichen Musters in ganz Deutschland folgten. Die Ausstellung ist bis zum 28. Mai zu sehen. Am 10. Mai ist zudem eine Midissage geplant.
Bücherverbrennungen sind ein schreckliches Phänomen, das sich durch die Geschichte der Menschheit zieht. Erste Verbrennungen sind aus der Antike überliefert, eine der wohl schlimmsten in jüngster Geschichte fand am 10. Mai 1933 statt. Besonders perfide erscheint dabei die Tatsache, dass ein Bibliothekar die Grundlage erarbeitete – entgegen der Berufsethik vom Bewahren und Erhalten. Der nationalsozialistische Berliner Bibliothekar Wolfgang Herrmann arbeitete seit längerem an einer „Schwarzen Liste“ von Büchern. Darin verzeichnet waren „verbrennungswürdige Bücher“, die „wider dem deutschen Geist“ seien. Die Deutsche Studentenschaft verbrannte am 10. Mai 1933 erstmals öffentlich Bücher, die auf dieser Liste verzeichnet waren. Diesen koordinierten, von verschiedenen nationalsozialistischen Gruppen logistisch unterstützten und vom Rundfunk begleiteten Aktionen, folgten Bücherverbrennungen nach dem gleichen Muster in ganz Deutschland.
Künstlerisch gestaltete Erklärungstafeln
99 Jahre später erinnern Stadtbibliothek, Volkshochschule und Studiobühne Bayreuth mit einer Wanderausstellung im RW21 gemeinsam mahnend an diese Taten. Die Ausstellung, die 2021 in Memmingen von Stadtmuseum, Stadtbibliothek und Volkshochschule ins Leben gerufen wurde, geht seither auf Reisen, damit sie auf ihrem Weg wachsen kann und die Ereignisse von 1933 nicht vergessen lässt.
Die Ausstellung zeigt Portraits von Autorinnen und Autoren. Die künstlerisch gestalteten Erklärungstafeln geben einen kurzen Überblick über die 1933 verbrannte Literatur und sind die Ergebnisse von Schülerarbeiten der 9. Jahrgangsstufe des Bernhard-Strigel-Gymnasiums in Memmingen. In einer Kunstaktion wurden gemeinsam mit der Künstlerin Cornelia Brader die gemeinsam gestalteten Holzplatten symbolisch aus dem Feuer „gerettet“. Sie sollen an die damals verbrannten Bücher sowie an die Autorinnen und Autoren, die von den Nazis verfolgt, zum Schweigen gebracht, erpresst, ins Exil oder in den Tod getrieben wurden, erinnern. Das Zusammenspiel aus ideologisierten Akademikern, Schreibtischtätern, brutalen Gewaltmenschen, Mitläufern und der Heroisierung dieser Aktionen durch die Presse bereitete den Weg zur physischen Vernichtung von Menschen.
Freiheit lässt sich nicht unterdrücken
Die Stadtbibliothek im RW21 zeigt mit ihrem reichhaltigen Buchbestand eindrucksvoll, dass Freiheit sich nicht unterdrücken lässt und dass Werke von Autorinnen und Autoren, die von den Nazis als „undeutsch“ geächtet wurden, noch heute mit Genuss ausgeliehen und gelesen werden. Ergänzend zu den „analogen“ Büchern bietet die Stadtbibliothek eigens konzipierte E-Books zum Thema „Bücherverbrennung“ und „Nationalsozialismus mit Schwerpunkt Holocaust“ an. Sie können auf einem iPad der Stadtbibliothek (erhältlich an der Infotheke im 1. OG) durchgeblättert werden. Das E-Book zu „Bücherverbrennung“ lässt sich zusätzlich über einen QR-Code in der Ausstellung auf dem eigenen Gerät abrufen. Die E-Books beinhalten Links zu unterschiedlichen Internetseiten, Zeitungsartikeln, Buchauszügen, Videos, Postings aus den sozialen Netzwerken und anderen Quellentexten. Damit soll sensibilisiert, Interesse geweckt und multimediale, niedrigschwellige Impulse gesetzt werden.
Midissage am 10. Mai
Zur Ausstellung wird außerdem am Dienstag, 10. Mai, um 18 Uhr, eine Midissage angeboten. Bayreuths Oberbürgermeister Thomas Ebersberger und Kulturreferent Benedikt Stegmayer werden die Gäste begrüßen und zu den Themen Bücherverbrennung, Meinungsfreiheit und Zensur – die aktueller denn je sind – sprechen. Weitere Programmpunkte sind ein Poetry Beitrag von Michael Jakob und zwei Performances der Studiobühne Bayreuth.
Der zweifache fränkische Poetry-Slam-Meister Michael Jakob performt einen Text zum Thema „Nationalsozialismus und Bücherverbrennung“. Der mehrfach ausgezeichnete Kleinkünstler, der unter anderem seit 16 Jahren als Moderator des Bayreuther Poetry Slams fungiert, ist bekannt dafür, kein Blatt vor den Mund zu nehmen. Schonungslos, (selbst-)kritisch und manchmal zynisch-sarkastisch verarbeitet er die Themen der Zeit in seinen Beiträgen. Als achtfacher Buchautor ahnt er, wie schmerzvoll es ist, wenn Literatur verbrannt oder zensiert wird.
Zwei Performances der Studiobühne
Die Studiobühne Bayreuth wiederum beteiligt sich an der Midissage mit zwei Performances: Ein Dutzend Spieler der Studiobühne erwecken in der Regie von Marieluise Müller Szenen aus zwei Romanen zum Leben, in denen es darum geht, Bücher als „Gesellschaftsfeinde“ zu vernichten. Einer Situation aus der „Bücherdiebin“ von Markus Zusak (Australien 2005) nachempfunden ist die Begegnung eines jungen Mädchens und ihres väterlichen Freundes am Abend der Bücherverbrennung. Heimlich hat das Mädchen ein halbverkohltes Buch aus dem Ascheberg gerettet – und sich damit in eine höchst gefährliche Lage gebracht. Lebensgefährlich wird es auch für den Feuerwehrmann Montag, als er feststellen muss, dass sich die vom Staat angeordnete Bücherverbrennung brutal gegen Freiheit und Menschlichkeit richtet. Frei nach dem Roman „Fahrenheit 451“ von Ray Bradbury (USA 1953) flüchtet Montag zu Menschen, die heimlich Bücher auswendig gelernt haben, um sie für die Zukunft zu retten. Im RW21 sind an dieser Stelle Texte von Autoren der „Verbrannten Bücher“ zu hören.