Veranstaltung des Netzwerks Familie und Beruf des Familienbündnisses Bayreuth
Die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf wird für Unternehmen zunehmend zur Herausforderung und zur Zukunftsaufgabe. Der demografische Wandel ist längst Realität: Immer mehr Beschäftigte stehen vor der Doppelbelastung, neben dem Beruf Angehörige zu pflegen. Wie Unternehmen darauf reagieren und eine pflegesensible Arbeitswelt gestalten können, zeigte eine sehr gut besuchte Veranstaltung des Netzwerks Familie und Beruf des Familienbündnisses Bayreuth.
Die Veranstaltung stieß auf große Resonanz: 80 Teilnehmende, darunter Geschäftsführende, Personalverantwortliche, betriebliche Pflegelotsen und Vertreterinnen und Vertreter aus verschiedenen Branchen Oberfrankens, kamen auf Einladung der Stadt und des Landkreises Bayreuth zusammen.
In seiner Begrüßung betont Regierungsvizepräsident Thomas Engel: „Pflege ist eines der großen gesellschaftspolitischen Themen unserer Zeit. Ende 2023 waren in Bayern durchschnittlich 47 von 1.000 Menschen pflegebedürftig, in Oberfranken liegt der Anteil sogar bei 61. Bayernweit werden 82,4 Prozent der Pflegebedürftigen zuhause durch Angehörige oder durch einen ambulanten Pflegedienst versorgt. Deshalb ist es folgerichtig, dass sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer intensiv damit beschäftigen, wie sich Pflege und Beruf vereinbaren lassen.“
Auch Oberbürgermeister Thomas Ebersberger unterstrich: „Pflege gehört zur Lebensrealität vieler Beschäftigter. Es ist klug und menschlich, pflegesensible Arbeitsbedingungen zu schaffen. Denn wer pflegesensible Arbeitsbedingungen schafft, nimmt die persönlichen Belange der Mitarbeitenden ernst, kann Fachkräfte sichern und wertvolle Mitarbeitende binden.“ Er lobte das Netzwerk Familie und Beruf als wichtigen Impulsgeber in der Region.
Auch Landrat Florian Wiedemann unterstrich in seinem Grußwort die Bedeutung gemeinsamer Verantwortung: „Immer mehr Menschen stehen vor der Herausforderung, neben ihrer beruflichen Tätigkeit Angehörige zu pflegen. In der Region Bayreuth haben wir gute Ansätze entwickelt, um diese Doppelbelastung zu erleichtern. Die Qualifizierung von betrieblichen Pflegelotsen und die engagierte Arbeit unserer regionalen Netzwerke und Vereine zeigen, wie wir gemeinsam Verantwortung übernehmen und die Gesellschaft zusammenrückt. Diese Angebote sind keine bloßen Extras – sie sind Investitionen in unsere Zukunft. Denn wer Beschäftigten gute Rahmenbedingungen bietet, stärkt nicht nur das soziale Miteinander, sondern sichert auch die Fachkräfte, die unsere Wirtschaft so dringend braucht. Ein herzliches Dankeschön an alle Engagierten.“
Kirsten Frohnert, Projektleiterin im Netzwerkbüro „Erfolgsfaktor Familie“, zeigte in ihrem Vortrag eindrucksvoll, wie Unternehmen eine pflegesensible Kultur entwickeln können mit praktischen Ansätzen und vielen Beispielen aus der Praxis. Kirsten Frohnert machte in ihrem Impulsvortrag deutlich: „Unser Pflegesystem basiert auf häuslicher Pflege und Unternehmen müssen pflegende Beschäftigte gezielt unterstützen.“ Sie machte deutlich: Im Dezember 2023 waren 5,7 Millionen Menschen in Deutschland pflegebedürftig, 85,9 Prozent davon wurden zu Hause versorgt. Ihr Appell: „Vereinbarkeitsbewusstsein ist ein Muss und jede Pflegeverantwortung ist anders.“
Best-Practice-Interview
Wie das in der Praxis gelingen kann, zeigten Sascha Bohne, Senior HR Manager, medi GmbH & Co. KG und Kathrin Buchfelder HR Business Partnerin, Stäubli Holding Germany GmbH im Best-Practice-Interview. Bei medi werden pflegende Beschäftigte durch einen externen Partner unterstützt, der als zentrale Anlaufstelle umfassende Beratungs- und Hilfsangebote bereitstellt. Stäubli setzt auf eigene Pflegelotsen im Unternehmen. Grundlage dafür war eine Qualifizierung, den die Wirtschaftsförderungen von Stadt und Landkreis Bayreuth gemeinsam mit dem Seniorenamt der Stadt Bayreuth angeboten hat. Deutlich wurde: Eine pflegesensible Unternehmenskultur braucht mehr als die Bereitstellung von Informationsmaterial, gefragt sind konkrete Ansprechpersonen, individuelle Lösungen und eine Geschäftsführung, die das Thema sichtbar mitträgt.
Podiumsdiskussion
Unter dem Titel „Zukunftsfähig bleiben – Pflegefreundliche Arbeitswelt gestalten“ wurden in der abschließenden Podiumsdiskussion die zuvor gewonnenen Einblicke vertieft und durch weitere Perspektiven aus der Unternehmenspraxis ergänzt. Im Mittelpunkt standen die Themenschwerpunkte betriebliche Pflegelotsen, flexible Arbeitszeitmodelle, Unternehmenskultur & Kommunikation sowie Pflegefreundlichkeit als Wettbewerbsfaktor. Neben den bereits aktiven Mitwirkenden Kathrin Buchfelder, Sascha Bohne und Kirsten Frohnert bereicherten auch Ralf Schuberth (Schwerbehindertenvertreter, Qualitätsmanagement, W. Markgraf GmbH & Co KG), Dr. Attila Széchényi (Sachgebietsleiter Personal, Regierung von Oberfranken) und Antonia Böhmer (Referentin der Geschäftsführung, Gedikom GmbH), die sich aus dem Publikum einbrachte, die Diskussion mit wertvollen Impulsen.
Thomas Maier, Projektleiter vom Servicebüro „Lokale Bündnisse für Familie“ in Berlin führte mit souveräner Moderation durch das abwechslungsreiche Programm. Bei einer kleinen Stärkung nutzten die Teilnehmenden anschließend die Gelegenheit zum persönlichen Austausch und ließen die kurzweilige Veranstaltung in den Räumen der Regierung von Oberfranken ausklingen.
Die Veranstaltung zeigte eindrucksvoll: Pflege ist nie gleich. Es gibt immer andere Anforderungen und Vereinbarkeit gelingt nur, wenn Unternehmen den Menschen ganzheitlich betrachten und bereit sind, auf individuelle Herausforderungen flexibel zu reagieren. Strukturen sind wichtig, aber der entscheidende Erfolgsfaktor ist die Bereitschaft, auf die persönliche Situation jedes einzelnen Mitarbeitenden einzugehen.
Gastgeber der Veranstaltung war die Regierung von Oberfranken. Organisiert wurde die Veranstaltung von der städtischen Wirtschaftsförderung im Rahmen des Netzwerks Familie und Beruf des Familienbündnisses Bayreuth in Kooperation mit dem Unternehmensnetzwerk „Erfolgsfaktor Familie“ und dem Servicebüro „Lokale Bündnisse für Familie“, beide mit Sitz in Berlin.
Hintergrund
Netzwerk Familie und Beruf: Unter dem Dach des Familienbündnisses Bayreuth treffen sich im Netzwerk „Familie und Beruf“ Akteure, denen die Vereinbarkeit von Arbeits- und Familienwelt am Herzen liegen. Das Netzwerk sieht sich als Forum für Arbeitgeber, Personalverantwortliche und Arbeitnehmervertreter. Es soll auf regionaler Ebene die Themen rund um Familie und Beruf vorantreiben. Mitglieder im Netzwerk sind Vertreter aus Verwaltungen, Unternehmen, Trägern und den Kammern. Das Netzwerk bietet regelmäßig Veranstaltungen zu aktuellen Problemstellungen rund um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Wichtig sind die Vernetzung der Akteure und der Erfahrungsaustausch untereinander in Bezug auf eine familienfreundliche Unternehmensausrichtung.