Stadt Bayreuth steht vor großen Herausforderungen

Jahres-Pressegespräch im Rathaus mit Oberbürgermeister Thomas Ebersberger

Die Beratungen des Haushalts 2024 im Stadtrat in den kommenden Wochen werden herausfordernd sein wie seit vielen Jahren nicht. Hierauf stimmte Oberbürgermeister Thomas Ebersberger beim traditionellen Jahres-Pressegespräch im Rathaus ein. „Stark rückläufige Einnahmen bei der Gewerbesteuer, steigende Personalkosten und hohe Sozialausgaben stellen die Stadt vor in dieser Dimension bislang nicht gekannte Probleme bei der Finanzierung der vielen Bauprojekte, die wir aktuell abarbeiten müssen.“ Gleichzeitig wolle die Stadt ihr Leistungsbild möglichst im vollen Umfang aufrechterhalten und müsse darauf achten, einen genehmigungsfähigen Haushalt zustande zu bringen.  

Oberbürgermeister Thomas Ebersberger berichtet den anwesenden Journalisten

Ebersberger verwies auf sinkende Gewerbesteuereinnahmen, die struktureller Natur seien und die finanziellen Spielräume der Stadt wohl auch in den kommenden Jahren deutlich begrenzen werden. Gleichzeitig sehe sich die Stadt mit steigenden Personalkosten konfrontiert, die durch sozialpolitische Projekte vor allem des Bundes ausgelöst würden und die Kommunen bei der Umsetzung vor große finanzielle und personelle Probleme stellten, ohne dass eine Kostenerstattung durch den Bund erfolge.

Der Oberbürgermeister erinnerte hierbei unter anderem an die Wohngeldreform, die zu einer Verdreifachung der Antragszahlen geführt habe. Sechs zusätzliche Stellen habe die Stadt allein in diesem Bereich geschaffen, um der Antragsflut Herr zu werden. Weitere Beispiele seien die Wohngeldfürsorge, die Einführung des Bürgergelds, die Änderung des Betreuungsrechts, aber auch die Betreuung von Geflüchteten. Der Tarifabschluss 2023/24 im öffentlichen Dienst mit kräftigen Lohnsteigerungen sei ebenfalls ein Kostentreiber. „Ein Gegensteuern bei den Personalkosten bleibt daher eine Daueraufgabe in den nächsten Jahren.“

Weitere Faktoren, die den Haushalt beeinflussen, sind der große Investitionsstau vor allem bei den Schulen sowie kostenintensive Bauprojekte: so etwa der Neubau der Stadtarchivs, die laufende Sanierung des Friedrichsforums, aber auch Projekte des Umwelt- und Klimaschutzes. Ebersbergers Fazit mit Blick auf den Haushalt: „Aufgabe der Haushaltsberatungen wird es sein, die dringlichsten Bauprojekte zu priorisieren und damit verbunden die Maßnahmen entsprechend der finanziellen und personellen Leistungsfähigkeit der Stadt zeitlich zu strecken. Ziel der Stadt muss zuvorderst ein genehmigungsfähiger Haushalt sein.“

Die weiteren Themen im Überblick

„Bayreuth ist unverändert ein gefragter Standort für Unternehmensinvestitionen. Die Baugenehmigungen, die das Rathaus im vergangenen Jahr erteilt hat, stehen für ein Investitionsvolumen von etwa 305 Millionen Euro. Das sind 120 Millionen Euro mehr als noch im Pandemie-Jahr 2022“, bilanzierte Ebersberger. Dahinter stehen Projekte wie der Neubau einer Reha-Klinik der Deutschen Rentenversicherung an der Lohengrin Therme für über 100 Millionen Euro, die Investitionen der Brauerei Maisel in eine neue Abfüllanlage oder die Planungen für ein modernes Brauereihaus im Gewerbegebiet Oberobsang, für das das Planverfahren im neuen Jahr abgeschlossen werden soll, sowie der Bau einer Studentenwohnanlage an der Universitätsstraße.

Aber auch der Glasfaserausbau in Bayreuth wird vorangetrieben. Über 38.000 Haushalte haben die Chance auf einen Glasfaseranschluss. Die Planungen der Telekom sehen bis 2028 den Ausbau von rund 80 Prozent aller Haushalte vor.

Und auch der Bau eines Regionalen Innovations- und Gründerzentrums (RIZ) bleibt ein wichtiges Thema auf der städtischen Agenda. Die Vergabeverfahren sind eingeleitet, der Einstieg in die praktische Umsetzung soll weiter vorangetrieben werden.

Die bundesweite Krise der Bauwirtschaft hinterlässt auch in Bayreuth ihre Spuren. Die Anzahl der Baugenehmigungen ist 2023 mit 301 (2022: 345) deutlich zurückgegangen. „Dennoch bewegt sich vor allem der Wohnungsbau immer noch auf hohem Niveau“, betonte der Oberbürgermeister beim Gespräch mit den Medien.

Im vergangenen Jahr wurden Baugenehmigungen für 414 neue Wohnungen erteilt. Das sind deutlich mehr als in den drei vorangegangenen Jahren. „Wir setzen nun, nachdem die Genehmigungen erteilt wurden, auf eine baldige Umsetzung der Projekte“, so der Oberbürgermeister. Hinter diesen Zahlen stecken zwei Studentenwohnheime im Glockengut und in der Universitätsstraße sowie Mehrfamilienhäuser und Wohnanlagen im Glockengut, in der Fröbelstraße oder in der Unteren Rotmainaue. Weitere 320 Wohneinheiten konnten fertiggestellt werden – so in der Pottensteiner Straße, in der Von-Helmholtz-Straße, in der Brahmsstraße oder der Lenbachstraße.

Die Stadt stellt darüber hinaus derzeit die planerischen Weichen für weitere Wohnangebote im Umfang von über 2.000 Wohneinheiten: im Wohnquartier „Kreuzstein“, im Kulturquartier Opernstraße/Münzgasse, am Eichelberg, in Moritzhöfen, in der Scheffelstraße, an der Hohlmühlleite, auf dem Post-Areal, im Glockengut oder mit dem Projekt „Neue Mitte Kreuz“ auf dem Areal des Rathauses II.

Hinzu kommen die Aktivitäten der städtischen Wohnungsbaugesellschaft GEWOG. Sie hat im abgelaufenen Jahr rund 8,7 Millionen Euro in Neubauprojekte und die Modernisierung beziehungsweise Instandhaltung bestehender Wohnanlagen investiert. Im neuen Jahr sollen es sogar 11,6 Millionen Euro werden.

„Zahlreiche Hochbauprojekte befinden sich in der Realisierung. Vor allem Schulsanierungen belasten die finanziellen Möglichkeiten der Stadt“, resümierte Ebersberger beim Mediengespräch. Hierbei steht der Neubau der Gewerblichen Berufsschule, dessen erster Spatenstich im März 2023 erfolgte, an oberster Stelle. Über 130 Millionen Euro wird das Projekt kosten – und ist damit Bayreuths aktuell größte Bauinvestition überhaupt. 2029 soll es fertiggestellt sein.

Weitere Bayreuther Schulen verursachen ebenfalls hohe Kosten: so die Albert-Schweitzer-Schule, deren Sanierung im vergangenen Sommer abgeschlossen wurde. Sie hat 18,5 Millionen Euro gekostet. Die Teilsanierung der Schule Meyernberg für über 9 Millionen Euro wird 2024 fortgeführt. Der Bau einer neuen Verbindungsbaus für die Schule St. Georgen (2,35 Millionen Euro) soll bis Ostern abgeschlossen sein. Sieben neue Klassenräume hat das Richard-Wagner-Gymnasium in Modulbauweise Ende 2023 für 1,6 Millionen Euro bekommen. Und bei der Sanierung der Graserschule (ca. 20 Millionen Euro) zeichnet sich in diesem Jahr das Ende des 1. Bauabschnitts ab.

Weitere Investitionsvorhaben, die die Stadt derzeit abarbeitet beziehungsweise im vergangenen Jahr abschließen konnte: Der Neubau des Stadtarchivs (ca. 20 Millionen Euro) wurde begonnen, am Abenteuerspielplatz ist ein neues Spielhaus entstanden, der Rathaus-Vorplatz wurde neu gestaltet und der Siegesturm saniert. Außerdem hat die Stadt im Jahr 2023 rund 6,4 Millionen Euro in den Umbau der Kanalisation sowie die Optimierung des Klärwerks gesteckt. Weitere 2,05 Millionen Euro flossen in den Straßenumbau (z. B. in Laineck) und 0,5 Millionen Euro in die Erschließung des Areals für die Ansiedlung eines XXXLutz-Möbelhauses.

In Sachen Klimaschutz verwies Ebersberger auf weitreichende Weichenstellungen, die die Stadt vorgenommen habe. „Klimaschutz ist ein zentrales Anliegen, aber auch eine große Herausforderung. Klimaneutralität geht uns alle an, jeder kann und muss seinen Beitrag leisten.“

So hat die Stadt eine Klimawirksamkeitsprüfung eingeführt. Sämtliche Vorhaben, die den Stadtratsgremien vorgelegt werden, werden vorab einer Prüfung auf ihre Auswirkungen auf das Klima unterzogen. Außerdem hat der Stadtrat noch zum Jahresende ein Steuerungskonzept für Photovoltaikanlagen auf Freiflächen beschlossen. Eine erste Teilumstellung von 2.500 Straßenlaternen auf LED wurde ausgeschrieben, vergeben und kann bis Mitte 2024 umgesetzt werden. 13 Liegenschaften der Stadt wurden auf ihr Solarpotenzial untersucht. Mit nur einer Ausnahme wurde für alle eine maximale Belegung mit Solarpanels beschlossen.

„Die politischen Bemühungen um eine Fortsetzung der Planungen für eine Restelektrifizierung der Franken-Sachsen-Magistrale laufen weiter“, bilanzierte der Oberbürgermeister. Hier zeichne sich aber immer noch keine Lösung ab. Unverändert drohe dauerhafter Stillstand. Gemeinsam mit einem Netzwerk betroffener Anliegerregionen fordere Bayreuth unverändert die zügige Elektrifizierung.

Ebersberger dankte in diesem Zusammenhang dem Freistaat Bayern für seine Zusage, im Bahnverkehr auf der Franken-Sachsen-Magistrale weiterhin auf moderne, emissions- und barrierefreie Neigetechnik-Züge mit Hybrid-Antrieb zu setzen. Gleiches gelte für die Zusage, die Finanzierung der Kosten für den Anschluss der Stadt Bayreuth an die Franken-Sachsen-Magistrale über Schnabelwaid zu übernehmen.

In Sachen Verkehrswende arbeitet die Stadt derzeit zudem an einem gesamtstädtischen Mobilitätskonzept, an einem neuen Nahverkehrsplan, an der weiteren Umsetzung des Radverkehrskonzeptes und an weiteren Schritten zur Förderung des Radverkehrs – wie etwa neuen Fahrrad-Abstellanlage, so zum Beispiel im Bereich Hauptbahnhof/Tunnelstraße.

„Inzwischen bietet die Stadt Bayreuth 184 Verwaltungsleistungen online an. Wir sind hier auf Platz 6 der 25 kreisfreien Städte Bayerns – direkt hinter Großstädten wie München, Augsburg oder Erlangen“, betonte der Oberbürgermeister. Und auch bei der Digitalisierung der Schulen gehe es voran: 218 Notebooks für Lehrer wurden im Jahr 2023 beschafft. Damit steigt die Gesamtzahl der von der Stadt beschafften Lehrerdienstgeräte auf 804. Über den Digitalpakt Schule hat die inzwischen 3,7 Millionen Euro in Beschaffungen und Ausstattungsmaßnahmen an Schulen (z. B. LAN, W-LAN, Firewalls, Netzwerkverkabelung etc.) investiert.

„Der Tourismus in Bayreuth verzeichnet mit dem Ende der Corona-Pandemie eine eindeutige Aufwärtsentwicklung“, stellte Ebersberger fest. Zwar liegen die endgültigen Zahlen des Statistischen Landesamtes erst im Februar vor, es ist aber davon auszugehen, dass 2023 einen neuen Übernachtungsrekord beschert und erstmals die Schwelle von 500.000 Übernachtungen überschritten wird. Bayreuth gewinne weiter an touristischer Attraktivität, unterstrich der Oberbürgermeister und verwies in diesem Zusammenhang auf das neue Welterbe-Museum im Redoutenhaus, auf neue Kultur-Events wie „Bayreuth Baroque“ und auf das erfolgreiche Tourismus-Marketing der BMTG.

Eine neue Normalität nach der Pandemie sei auch in den großen Bildungseinrichtungen der Stadt zu spüren. „Das RW21 wird sehr gut angenommen und ist ein wichtiger Treffpunkt in der Stadt.“ Die Volkshochschule melde 20 Prozent mehr Veranstaltungen und 33 Prozent mehr Teilnehmer. Auch die Besucherzahlen in der Stadtbibliothek sind 2023 deutlich gestiegen. Rund 200.000 Menschen hat die Stadtbibliothek im vergangenen Jahr mit ihren Angeboten angelockt.

Wichtige Impulse setze Bayreuth derzeit in Sachen Gedenkkultur: Am Sternplatz wurde Anfang 2023 ein viel beachtetes akustisches Mahnmal für die jüdischen Opfer der Shoah installiert. Im sogenannten „Chamberlain-Haus“ soll ein Dokumentationszentrum der NS-Ideologiegeschichte entstehen, das sich mit Themen der Rezeptions- und Wirkungsgeschichte des Werkes Richard Wagners sowie der Festspielgeschichte nach Wagners Tod beschäftigen wird. Die Richard-Wagner-Stiftung wird diese Arbeit wissenschaftlich unterstützen sowie organisatorisch wie inhaltlich betreuen. Und in der Münzgasse steht das neue Jüdische Kulturzentrum vor seiner Fertigstellung.

Ebersberger erwähnte in seiner Jahres-Rückschau auch die Bayreuther Festspiele. Der Finanzierungsbeitrag der Stadt für die Festspiele sei stabil, über die künftige Gesellschafterstruktur würden nach wie vor Gespräche geführt. „Ich bin überzeugt, dass wir auch künftig hochwertige Festspiele haben werden.“

In Sachen Stadtarchiv mache die Stadt nun – nach langjährigen Diskussionen über den richtigen Standort – Nägel mit Köpfen. Für über 20 Millionen Euro bekomme das „Gedächtnis der Stadt“ auf dem rückwärtigen Grundstück der ehemaligen Leers’schen Villa ein neuen Domizil. 2025 soll das neue Stadtarchiv eröffnet werden.

„Die kurzfristige Reparatur der Eisbereitungsanlage im Eisstadion der Stadt ist vor allem deshalb gut gelungen, weil alle Beteiligten an einem Strang gezogen haben“, erinnerte Ebersberger an die Bauarbeiten im vergangenen Oktober/November. Die Stadt kümmere sich um ihre Sportstätten. Ziel müsse es sein, das in die Jahre gekommene Eisstadion mangels Alternativen noch länger im Betrieb zu halten. „Ein Neubauprojekt erscheint angesichts der kommunalen Kassenlage derzeit nur mit Hilfe externer Investoren oder Sponsoren machbar.“

Der Sportpark wiederum hat sich im vergangenen Jahr als Publikumsmagnet erwiesen. Über 172.000 Zuschauer bei den Sport- und Kulturterminen in Oberfrankenhalle, Hans-Walter-Wild-Stadion und Eisstadion zählt die Statistik der Stadt. Spitzenreiter ist das Hans-Walter-Wild-Stadion mit etwa 72.000 Besuchern, die auf das Konto der SpVgg Bayreuth gehen. „Auch nach dem Abstieg aus der 3. Liga entwickelt der Fußball-Sport in Bayreuth weiter eine große Publikumsresonanz.“