Die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Bayreuth, Nerissa Schwarz, zum Internationalen Frauentag am Freitag, 8. März:
„Der Internationale Frauentag am 8. März bringt mich alljährlich zu einer für Berufstätige nicht unbedingt typischen Überlegung: Meinen Beruf, den der Gleichstellungsbeauftragten, dürfte es eigentlich gar nicht geben. Nicht etwa, weil er überflüssig ist – sondern weil er es sein sollte. Doch 75 Jahre, nachdem die Gleichberechtigung von Frauen und Männern im Grundgesetz verankert wurde, muss die Gleichstellung der Geschlechter in Deutschland immer noch an vielen Stellen erkämpft, eingefordert und verteidigt werden.
Zwar wurden in den vergangenen Jahrzehnten bedeutende Fortschritte erzielt, etwa durch Gesetze wie das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, wegweisende Gerichtsurteile und unermüdliches Engagement aus der Zivilgesellschaft. Das ist aber kein Grund, heute, am 8. März, nur Festtagsreden zu halten und Blumen zu verteilen. Denn immer noch sind Frauen in vielen Bereichen benachteiligt oder unterrepräsentiert. Sie verdienen bei vergleichbarer Arbeit und Qualifikation im Schnitt sechs Prozent weniger pro Stunde als Männer und stellen nur etwa ein Drittel aller Bundestagsabgeordneten.
In der Gesellschaft tief verwurzelte Rollenklischees sind ein Grund dafür, dass deutlich mehr Mütter als Väter in Elternzeit gehen und es zu wenige Physikerinnen, Feuerwehrfrauen und Filmregisseurinnen gibt. Ein besonders drastisches Beispiel für Sexismus findet sich in Kriminalstatistiken: Überproportional viele Frauen sind von häuslicher und sexualisierter Gewalt betroffen. So sind rund 80 Prozent der Opfer von Gewalt in der Partnerschaft weiblich.
Alle vernünftigen und anständigen Menschen sind gefordert
Für echte Gleichstellung sind also weitere bedeutsame Fortschritte nötig, und auch bereits Erreichtes muss verteidigt werden – nicht nur von Frauen, sondern letztlich von allen vernünftigen und anständigen Menschen. Denn dieselben, die Millionen von Menschen aus Deutschland vertreiben wollen, weil sie ihnen nicht „deutsch“ genug sind, wollen auch die Errungenschaften der geschlechtlichen Gleichstellung zunichtemachen. Frauenrechte und die Gleichberechtigung aller Geschlechter und Geschlechtsidentitäten sind grundlegende Menschenrechte. Was eigentlich selbstverständlich sein sollte, kann man gerade angesichts der Bedrohungen für unsere Demokratie gar nicht oft genug betonen. Auch noch am 9. März und allen darauffolgenden Tagen.“